Kapelle Mariä Verkündigung
Geschichte, Innenraum, Kreuzweg, Renovierungen, 1985, 2010, Jubiläum 100 Jahre, G`schichten
Die 1910 erbaute Kapelle in Schwand befindet sich an der Straße von Parkstein kommend unmittelbar am Ortsanfang. Die Außenmaße der Kapelle betragen 4,10 m in der Breite sowie 5,70 m in der Länge und bietet somit Platz für mindestens 20 Gläubige. Die Höhe des Glockenturms beträgt 7,60 m. Seit jeher wird die Kapelle für ein Jahr von einem Haushalt der Ortschaft betreut. Reihum wird der Schlüssel der Kapelle als obligatorisches Zeichen am Neujahrstag an die nächste Familie weitergereicht. Neben der Pflege der Kapelle und dessen Umfeld sind auch die entsprechenden Andachten abzuhalten bzw. die Vorbeter zu stellen. Während der Fastenzeit finden an den jeweiligen Sonntagen um 13:00 Uhr Kreuzwegandachten statt. Am Karfreitag um 9:00 Uhr. Im Monat Mai werden jeweils an den Sonntagen um 19:00 Uhr Maiandachten abgehalten. Im Monat Oktober wird an den jeweiligen Sonntagen um 13:00 Uhr ein Rosenkranz gebetet.
Geschichte
Nach Archivunterlagen der Pfarrei Parkstein bestand bereits 1851 eine Dorfkapelle in der Ortschaft Schwand. Es handelte sich um ein Holzbauwerk welches um die Jahrhundertwende baufällig wurde.
Schreiben von Jakob Düval von der Glockengießerei Amberg vom 21.Juli 1856
Hochwürdiger Herr Pfarrer! ...daß die Glocke nach Schwand fertig und zu jeder Stund kann abgeholt werden. Sie wiegt netto 60 Pfund.
Die Glocke ist der Hl. Susanne geweiht und fand 1910 beim Neubau der heutigen Kapelle ihre weitere Verwendung. Früher musste die Glocke per Hand mit dem Glockenstrang zum Läuten gebracht werden. Seit dem Stromanschluß der Kapelle im Jahre 1967 übernimmt dies ein Läutwerk. Die Glocke ruft 3 mal täglich zum Gebet (Angelus).
1910
Der Baumeister Josef Weidner aus Schwand erbaute unter Mithilfe der Dorfbewohner auf seinem Grundstück die heutige Kapelle. In späteren Jahren ging die Kapelle samt Grund an die Ortschaft Schwand über. Da eine Schenkung mit bürokratischen Hürden verbunden war, wurde obligatorisch "Eine Mark" gezahlt.
Pfarrer
Johann Mühlfenzel
1911
Die Kapelle und der Kreuzweg wurden von Pfarrer Johann Mühlfenzel benediziert.
Johann Mühlfenzel wurde am 02.08.1866 geboren. Er war vom 19.05.1904 bis 28.05.1913 Pfarrer in Parkstein. Danach in Windischeschenbach.
Schreiben vom Bischöfl. Ordinariat Regensburg, J. Hierl, vom 25. Oktober 1911
Auf das Gesuch vom 18. d.M. hin erteilen wir die oberhirtliche Erlaubnis und Vollmacht zur Weihe der neuerrichteten Kapelle in Schwand. Bei der Weihe, welche ganz einfach ohne besondere Feierlichkeit vorgenommen werden soll, zu der Herr Pfarrer auch einen anderen Priester abordnen kann, ist die Kapelle unter Abbeten des Ps. Miserere innen und aussen mit Weihwasser zu besprengen und ist die Oratio DEUS QUI LOCA...RIT. ROM. pg. 160 zu beten. Wir erteilen auch Herrn Pfarrer Mühlfenzel die Vollmacht, den Kreuzweg in genannter Kapelle zu errichten und zu weihen, setzen jedoch voraus, daß jede Kreuzwegstation mit einem hölzernen Kreuze versehen ist. Nach Errichtung und Weihe des Kreuzweges ist uns eine Abschrift der Errichtungsurkunde zu unseren Akten in Vorlage zu bringen..
Innenraum
Der Innenraum der Kapelle mündet zum Altar hin in ein geschlossenes Halbrund, welches ansatzlos in das Deckengewölbe übergeht. Jeweils 4 Bankreihen mit Knieschemel bieten ausreichend Platz für 16 Personen. Im Zuge der Renovierung 1985 wurden noch 4 weitere Sitzplätze geschaffen. Bei einer Renovierung im Jahre 2010 wurde eine Bankheizung installiert. Entsprechend dem Patronat der Kapelle zeigt das Altarbild Mariä Verkündigung. Über dem Eingang ist eine Gedenktafel vermisster und gefallener Dorfbewohner aus beiden Weltkriegen angebracht.
An der rechten Wandseite wacht der Heilige Josef mit dem Jesuskind. In der rechten Hand eine weiße Lilie. Die Muttergottes zur Linken ist etwas Besonderes. Sie trägt eine Sonderform des Rosenkranzes mit 6 Gesätzen. Ein sogenannter Birgittenrosenkranz. Birgitta ist eine Heilige aus Schweden und lebte von 1303 bis 1373. Papst Johannes Paul II erhob Birgitta unter anderen mit der heiligen Edith Stein im Jahre 1999 zur Patronin Europas. Aus den Offenbarungen Birgittas (Revelationes) lässt sich das legendäre Alter Mariens von 63 Jahren errechnen. Entsprechend erhielt der Birgittenrosenkranz 6 Gesätze und 3 zusätzliche Ave Marias und sieben Vaterunser zur Erinnerung an die sieben Schmerzen Marias. Die in Gold dargestellten Perlen bedeuten zudem, dass es sich um einen glorreichen Rosenkranz handelt. Das einzige Kloster in Deutschland mit altem Zweig des Erlöserordens (Birgittinnen) ist das Kloster Altomünster in der Diözese München und Freising. Da der Kreuzweg in der Kapelle nachweislich aus München stammt, ist die Herkunft der Wandfiguren ebenfalls aus dem Raum München naheliegend. In der Gesamtbetrachtung stellen die beiden Wandfiguren die Heilige Familie dar.
Zur jeweiligen Gestaltung des Altars stehen neben dem Altarkreuz mit Leuchtern noch zwei Marienskulpturen zur Verfügung. Die eine Madonna wurde von der Familie Witt (Weber) aus Schwand nach der Genesung ihres Sohnes Karl von der Kinderlähmung in den 19?? iger Jahren gespendet. Die sogenannte Mondsichelmadonna (Offenbarung des Johannes; Mutter Gottes steht auf der Mondsichel) wurde von Zimmerermeister Josef Hauer aus Parkstein anlässlich der Renovierung im Jahre 1985 gestiftet. Der Weihwasserkessel aus Messing am Eingang links ist insoweit eine Besonderheit, da zwei kniende Engel am Fuße des Kreuzes in der Ikonografie eine seltene Kreuzigungsgruppe darstellt.
Kreuzweg
Der 1911 errichtete Kreuzweg mit 14 Stationen ist zu je 7 Stationen rechts und links über den gewölbten Fensternieschen angebracht. Die in Holzrahmen mit aufgesetztem Holzkreuz gefassten Bilder sind jeweils mit einer Glasscheibe geschützt. Geliefert wurde der Kreuzweg von der Kunstanstalt Josef Müller in München.
Renovierungen
Während der über 100-jährigen Geschichte der Kapelle nagte natürlich auch der Zahn der Zeit. So waren Renovierungen verschiedenen Umfangs zu gegebener Zeit erforderlich. Bis in die 1960-iger Jahre sind keine größeren Maßnahmen explizit bekannt.
1965 wurde offensichtlich der Altar renoviert bzw. überarbeitet. Sowohl das Altarbild als auch das Bild darüber tragen die Signatur G. Weigend 65. Gustav Weigend (geb. 1900 Hostau im Sudetenland, gest. 1974 Neustadt / WN) war zu dieser Zeit Lehrer an der Schule Parkstein.
1967 wurde der Stromanschluss mit einer Oberlandleitung zum Glockenturm hin hergestellt. Grund dafür war die Installation eines elektrischen Läutwerks. Schließlich musste die Glocke bis dahin 3 mal täglich per Hand mit dem Strang geläutet werden. Der Einbau des Läutwerks war letztlich schwieriger als geplant. Von den Proportionen her gibt der filigrane Glockenturm zwar der Kapelle ein harmonisches Gesamtbild, dies jedoch zu Lasten des Freiraums für die Glocke selbst. Bereits das Läuten per Hand war ein kleines Kunststück. Nur mit Geschick und vorheriger Anleitung älterer Dorfbewohner war der Glocke ein entsprechender Klang zu entlocken. Für ein Läutwerk war der Freiraum im Schwenkbereich der Glocke zu gering. Es musste ein Kompromiss aus Komfort und Optik eingegangen werden. Die beiden Rundbögen im Schwenkbereich mussten in ihrer Höhe ausgearbeitet werden.
1972 führte der SPD Ortsverband Parkstein, unter der Leitung von Werner Gersch, verschiedene Maßnahmen durch. Neben einem Farbanstrich wurde auch der Altar ausgebessert.
Bei einer weiteren Innenrenovierung in den 1970 iger Jahren fand auch eine Umgestaltung statt. Der Kreuzweg wurde abgenommen, da die Wände von einem Kirchenmaler mit Ornamenten versehen wurden.
In diesem Zeitraum wurde auch der Treppenaufgang geändert. Die ursprüngliche Treppe zur Straße hin wurde durch ein Podest mit zwei seitlichen Aufgängen ersetzt.
1983 musste das elektrische Läutwerk erneuert werden. Im Zuge dieser Arbeiten wurde auch der Stromanschluss der Kapelle geändert. Der Anschluss per Oberlandleitung wurde durch einen Erdanschluss ersetzt.
Nicht zuletzt durch die Maßnahme von 1983, wurden gravierende Mängel an der Bausubstanz erkennbar. Insbesondere ein Riss quer durch die Kapelle gab Anlass zur Sorge.
Die Dorfgemeinschaft Schwand und insbesondere der Ortssprecher Lorenz Hösl befassten sich mit einer erforderlichen Sanierung.
1985 fand somit die umfangreichste Renovierungsmaßnahme in der Geschichte der Kapelle statt. Um der Rissbildung entgegen zu wirken, musste die Portalseite mit einem Fundament unterfangen werden. Zudem wurde ein sogenannter Ringanker gesetzt. Der Dachstuhl wurde ausgebessert und die Lattung erneuert. Eine besondere Herausforderung war das Eindecken der neuen Dachziegel. Im Bereich der Dachrundung musste jeder einzelne Dachziegel nach Muster zugeschnitten werden. Der Glockenturm wurde neu eingeblecht und Dachrinnen wurden angebracht. Die ursprüngliche Wetterfahne auf dem Glockenturm wurde durch ein Kreuz aus Schmiedeeisen ersetzt. Der Außenputz wurde komplett in seiner ursprünglichen Form erneuert. Im Inneren der Kapelle mussten neben den Malerarbeiten die Holzpodeste der Bestuhlung erneuert werden. An den vordersten Bankstirnflächen wurden zusätzliche Sitzbänke angebaut. Der Altar wurde überarbeitet und der vor Jahren abgenommene Kreuzweg wurde wieder angebracht.
Unter fachlicher Leitung des Architekten Josef Schöberl aus Parkstein, erbrachten die Schwander, allen voran Ortssprecher Lorenz Hösl, ca. 1.000 freiwillige und kostenfreie Arbeitsstunden. Architekt Schöberl arbeitete ebenfalls unendgeltlich und kam zudem für die Materialkosten von Edelputz und Farbanstrich auf.
Gesamtkosten der Maßnahme: 26.278,21 DM (13.435,84 €). Dieser Betrag wurde wie folgt finanziert.
9.762,22 DM (4.991,34 €) Zuschuss der Marktgemeinde Parkstein.
5.000,00 DM (2.556,46 €) Zuschuss der bischöflichen Finanzkammer.
5.562,87 DM (2.844,25 €) Spenden.
5.953,12 DM (3.043,78 €) Eigenmittel der Ortschaft Schwand.
Pressebericht
Am Donnerstag (Mariä Himmelfahrt), den 15.08.1985, wurde die Kapelle mit einem Festgottesdienst (witterungsbedingt dann eine Andacht), gestaltet von Pfarrer Leonhard Schinner und Pater Johannes Pausch, wieder ihrer Bestimmung übergeben.